„Eine Gewohnheit kann man nicht einfach zum Fenster hinauswerfen; man muss sie Stufe für Stufe die Treppe hinunterlocken.“ (Mark Twain)

Falls du dich schon öfter gefragt hast warum du so oft aufgibst: Mark Twain hat die Antwort. Du versuchst vermutlich die Gewohnheit anzuheben und aus dem Fenster zu schmeißen. Meistens brichst du unter dieser Last aber zusammen, bevor du sie rausschmeißen konntest.
Hast du es schon mal Stufe für Stufe versucht? Ich auch nicht. Wenn ich was haben will, dann am besten sofort. Zumindest war ich früher so eingestellt. Stufe für Stufe geht aber wesentlich einfacher, auch wenn du länger brauchst.

Wie oft fragst du dich warum es dir so schwer fällt aufs Essen zu verzichten? Vermutlich, weil du dich einfach daran gewöhnt hast.
Nur essen wenn man Hunger hat? Das fällt uns heutzutage meistens schwer. Kein Wunder, egal wo wir hinkommen – es gibt essen. Wir müssen nicht mehr Tage warten bis wir die nächste Mahlzeit bekommen. Wir müssen auch nicht mehr hart körperlich arbeiten, um an Essen zu kommen. Nein! Es steht immer und überall direkt vor unserer Nase. Kekse während der Besprechung, Bonbons beim Empfang, Snackmaschine im Flur,…

Wieso essen wir?

 

Klar, zum Überleben. Wir essen, weil wir hungrig sind und essen brauchen. Zumindest ist das der ursprüngliche Sinn von Essen. Nur Essen wenn man Hunger hat: können wir das überhaupt noch? Tatsächlich können wir auf so viele Lebensmittel zugreifen, dass wir im Überfluss leben. Wir essen längst nicht mehr nur zum Überleben. Wir essen aus verschiedenen Gründen. Weil wir emotionale Esser sind, weil die Situation es so hergibt oder auch aus Gewohnheit. Die meisten können nicht sagen wann sie wirklich Hunger haben. Wir essen noch bevor wir hungrig werden. Mehrere Mahlzeiten am Tag, dazwischen noch ein Snack hier und noch ein Snack da. Wo bleibt denn da die Zeit um hungrig zu werden?

Meistens essen wir mehr als nötig, weil wir kein zuverlässiges Sättigungsgefühl haben. Zu Zeiten als wir noch gehungert haben und nicht wussten wann wir das nächste Mal Essen können ergab es Sinn, mehr zu essen als nötig war. Heutzutage nehmen wir davon aber nur zu, weil wir keine Hungerphasen mehr haben (zumindest in den meisten Gebieten dieser Welt).

Emotionales Essen

Einer der Gründe weshalb wir Essen ohne Hunger zu haben ist . Ob wir traurig, wütend oder gelangweilt sind. Wir essen oft um uns zu beruhigen oder aufzuheitern. Wenn wir uns durch Essen tatsächlich besser fühlen können, dann merken wir uns das. Beim nächsten Mal, wenn wir uns wieder schlecht fühlen greifen wir wieder zu essen. Wir landen in einem Teufelskreis und merken es oft gar nicht.

Es wird der Moment kommen in welchem du bestimmte Emotionen mit bestimmten Nahrungsmitteln verbinden wirst. Ein Schokoeis bei Liebeskummer. Eine Tüte Chips bei Langeweile. Alkohol, wenn du wütend bist (auch wenn es jetzt kein Essen ist, ist es eine Aufnahme von etwas, was dein Körper verwerten muss – und meist sehr ungesund).

Soziale Situationen

Wie sieht es aus mit sozialen Situationen? Oft essen wir nämlich nur weil andere auch gerade essen. Weil wir in Gesellschaft sind. Wenn wir zum Essen eingeladen werden ist es eher untypisch, wenn jemand dabei sitzt der nichts isst. Na gut, ehrlich gesagt erwarte ich auch, dass alle essen, wenn ich zum Essen einlade. Die Frage ist aber wieviel ich esse und was ich esse. Ich muss nicht so lange weiter essen bis alle fertig sind. Und auch als Ketarier muss ich nicht anfangen Kohlenhydrate zu essen, nur weil welche auf dem Tisch stehen.

Essen aus Gewohnheit oder nur essen wenn man Hunger hat

Viele werden es kennen. Wir stehen morgens auf und fangen an alles zum Frühstücken vorzubereiten. Hast du vorher mal darüber nachgedacht ob du überhaupt Hunger hast? Wahrscheinlich nicht. Ich z.B. frühstücke eher selten (habe es mir abgewöhnt zu essen, wenn ich nicht will). Was aber immer noch automatisch passiert, wenn ich aufstehe: Ich gehe zur Kaffeemaschine und drücke das magische Knöpfchen. Warum tun wir das? Weil wir es irgendwann so gelernt haben und nicht mehr darüber nachdenken. (Übrigens hat sich herausgestellt, dass selbst schwarzer Kaffee dein Magen-Darm-System anregt. Das heißt, selbst wenn du auf Sahne verzichtest (was ja noch Kohlenhydrate hat) – selbst wenn du auf deinen Keto Kaffee verzichtest (z.B. mit Butter, MCT Öl und Stevia – keine Kohlenhydrate hier) – beginnst du dein Essensfenster mit dem ersten Kaffee! Idealerweise solltest du ja all das, was du zu dir nimmst, in ein Fenster von maximal 9 Stunden packen. Das scheint nach bisherigere Studienlage gut zu sein für Gesundheit und Muskelwachstum. Der – automatische – Kaffee am Morgen kann dein Fenster also schon sehr nach vorne verlegen!)
Oder denkst du beim Autofahren noch darüber nach wann du die Kupplung drücken musst um in einen anderen Gang zu schalten? Wenn du kein Fahranfänger bist, dann wohl eher nicht.

Wie entstehen Gewohnheiten?

Nur Essen wenn man Hunger hat? Selten. Oft sind es Gewohnheiten, die uns essen lassen.

Um unsere Gewohnheiten zu ändern müssen wir erstmal verstehen wie Gewohnheiten überhaupt entstehen.

Was ist eine Gewohnheit?

Eine Gewohnheit ist eine bestimmte Verknüpfung zwischen einer Situation und einer Reaktion. Diese Verknüpfung läuft nach regelmäßigem wiederholen automatisch ab¹. Das heißt: Wenn wir im Kino ankommen, holen wir uns Popcorn und freuen uns über den Geschmack. Der Geschmack war angenehm, daher holen wir uns beim nächsten Kinobesuch wieder Popcorn. Wir haben eine Verknüpfung zwischen Kino und Popcorn erschaffen. Je häufiger das vorkommt, desto stärker verknüpfen wir die Situation mit der Reaktion. So, dass wir nicht länger darüber nachdenken. Wir holen uns ganz selbstverständlich eine Tüte Popcorn sobald wir das Kino betreten. Das gehört für uns dann irgendwann zum Kinoerlebnis.

Da ist natürlich noch die Frage, warum wir uns das erste Mal Popcorn geholt haben. Einfluss von Medien (in Hollywood essen die immer Popcorn im Kino), Werbung, Freunde oder Eltern kaufen Popcorn – und natürlich der verführerische Geruch von Süßem und Fettigem. Die Lieblingskombi für das „Drogenzentrum“ in unserem Hirn.

Vorteile von Gewohnheiten

Gewohnheiten sparen Energie. Stell dir vor du müsstest dir alles bewusst machen: Wie du die Türklinke drückst, welches Pedal du drücken musst, welches Kleidungsstück du zuerst anziehst. Das alles würde sehr viel Energie und somit Kraft kosten.
Wir haben im Vergleich zu anderen Spezies ein riesiges Hirn – und dieses riesige Hirn hat einen riesigen Energieverbrauch. Es macht also Sinn, dass unser Hirn versucht zu sparen wo es nur kann – zum Beispiel mit Gewohnheiten. Bei allem was aus Gewohnheit passiert brauchen wir nicht so viel Energie. Unser Gehirn liebt genau deswegen Gewohnheiten. So können wir uns auf das wesentliche konzentrieren und müssen uns nicht ständig ablenken lassen. Nicht um sonst sollen laut dem Professor Bas Verplanken etwa 30 – 50% unserer Handlungen durch Gewohnheiten bestimmt sein.

Was aber bei dem einen ein Vorteil ist, ist bei dem anderen ein Nachteil. Wenn wir uns in der Vergangenheit eher ungesundes Verhalten angeeignet haben, haben wir jetzt damit zu kämpfen. Unser Hirn wird nicht glücklich darüber sein, dass wir eine Gewohnheit ins bewusste rufen, um sie zu ändern. Warum? Weil es anstrengend wird und weil wir mehr Energie verbrauchen als unserem Kopf lieb ist.

Wie kannst du Gewohnheiten ablegen oder verändern?

 

Bis eine Gewohnheit entsteht kann es sehr lange dauern. Außerdem ist es sehr individuell. In einer Studie wurde gezeigt, dass wir anfangs schnell gewohnheitsbasiertes Verhalten zeigen. Die Teilnehmer der Studie sollten selbst einschätzen wie automatisiert das neue Verhalten gezeigt wurde. Bei den ersten Wiederholungen der neuen Gewohnheiten stieg das automatische Verhalten rasant an. Zum Schluss jedoch wurde es schwieriger, bis sich das Verhalten stabilisierte.

Dieselbe Studie berichtete von durchschnittlich 66 Tagen bis sich eine Gewohnheit zeigte. Allerdings ist diese Zahl wenig ernst zu nehmen. Die Anzahl der Tage schwankte bei den Teilnehmern von 18 bis zu 254 Tagen. Daraus einen Durchschnitt zu ziehen ist eher schwierig. Das einzige was, ich bis jetzt mit Sicherheit sagen kann: es ist ganz sicher kein Zuckerschlecken. Jeder, der schon mit etwas anfangen wollte, weiß wie schwer es ist, sich daran zu halten. Denkt nur an die vielen Neujahrsvorsätze und wie schnell wir sie wieder über Bord werfen oder einfach vergessen. (Aber irgendwie auch schön wie groß unsere Hoffnungen sind, dass wir es jedes Jahr trotzdem wieder wagen).

Eine Studie zum Thema „mit dem Sport anfangen“ zeigte, dass wir mindestens 6 Wochen lang vier Mal die Woche ins Studio müssen. Erst dann schaffen wir es vielleicht, dass Sport zur Gewohnheit wird.

Du siehst schon, je mehr Forscher wir finden werden, desto mehr Zahlen bekommen wir wahrscheinlich. Ich glaube, dass es keine „magische Zahl“ gibt. Vielmehr kommt es auf die Person an, welche Handlung sie sich angewöhnen will und wie sehr sie es will. Wenn ich generell wenig   habe, dann fällt mir alles schwer sobald ich mich anstrengen muss. Ebenso ist es leichter sich anzugewöhnen jeden Morgen ein Glas Wasser zu trinken statt 30 Minuten Sport zu treiben. Was die Veränderung deiner Essensgewohnheiten auch schwieriger macht: viele wirken wie Drogen und einige von uns sind (oft ohne es zu wissen) süchtig nach prozessierten Kohlenhydraten (oft in Kombination mit Fett). Deswegen kann die Änderung der Ernährung sein wie Zigaretten aufgeben oder Alkohol. Raucher brauchen im Schnitt 30 Mal, bis sie es tatsächlich durchhalten. Also sei geduldig mit dir, wenn du deine Ernährung umstellen willst!

 

Wie kannst du neue Gewohnheiten etablieren?

 

Nur Essen wenn man Hunger hat ist das Ziel! Dazu brauchst du auch neue Gewohnheiten!
Zunächst einmal ist es wichtig zu wissen was wir brauchen um uns etwas anzugewöhnen². Charles Duhigg redet von einer dreistufigen Gewohnheitsschleife.

  • Auslösereiz

Wir brauchen einen Trigger damit unser Hirn weiß wie es handeln soll. Wenn wir die Zahnbürste in die Hand nehmen, müssen wir nicht erst überlegen ob wir zum Shampoo oder zur Zahnpasta greifen. Die Zahnbürste ist der Auslösereiz bzw. Trigger.

  • Routine

Durch einmaliges Handeln merkt sich unser Gehirn noch nicht wie es auf einen bestimmten Trigger hin handeln muss. Wir müssen diese neuerschaffene Verknüpfung mehrmals wiederholen.

  • Belohnung

Wir wissen alle wie ungern wir etwas machen, wenn wir am Ende nicht belohnt werden. Wenn wir ein gewünschtes Handeln belohnen, kann unser Hirn besser abschätzen ob es sich lohnt, dafür eine Gewohnheit einzuführen.

nur essen wenn man hunger hat

Was wir brauchen ist also ein Reiz und eine Belohnung um die Routine aufrechtzuerhalten. Es klingt natürlich alles etwas einfacher als es tatsächlich ist. Was wir brauchen sind konkrete Tipps.

Was bringt es uns zu wissen, dass wir einen Auslösereiz brauchen, wenn wir nicht wissen wie wir ihn wählen. Der Reiz sollte ziemlich offensichtlich sein. Sobald du ihn siehst muss es „Klick“ bei dir machen!!! Außerdem sollte er so platziert sein, dass du ihn auch siehst. Es nützt nicht viel, wenn der Reiz grandios gewählt war und er ein wahres Tätigkeitsfeuerwerk in dir auslöst, du ihn aber nie zu Gesicht bekommst. (Oder treibt dich der Stepper unter deinem Bett noch an?)

Auch wie du dich belohnst ist wichtig. Du musst dich direkt, nach dem du gehandelt, hast belohnen. Dass du durch Sport eine tolle Figur bekommst ist ja schön, aber es dauert seine Zeit bis die Belohnung sichtbar ist.

Viele können sich nicht lang genug motivieren um diese Figur zu sehen. Besser wäre, dass du dir was Leckeres kochst um dich zu belohnen (jetzt nicht gleich ein paniertes Schnitzel). Du hast dich ja auch (hoffentlich) ordentlich . Bei der ketogenen Diät zeigen sich am Anfang ziemlich große Erfolge. Nicht nur, dass du nach jeder Mahlzeit gesättigt bist und somit belohnt wirst. Du hast auch  noch mehr Energie. Und wenn du vorher ein Gewichtsproblem hattest, wirst du auch hier in den ersten Monaten die größten und schnellsten Erfolge wahrnehmen können. Wenn das keine super Belohnung ist, dann weiß ich auch nicht.  Denn es gibt doch nichts was frustrierender ist, als sich täglich abzurackern und keine Ergebnisse zu sehen.

Gesundheit zu „sehen“ kann noch länger dauern oder ist noch „schwieriger“ zu sehen. Zumindest die Zahlen können nach einer Weile sagen, dass du gesünder bist. Doch das dauert meist lange. Bei Diabetes kann es aber auch sehr schnell gehen – durch die Veränderung deines Insulinspiegels. Zahlen motivieren jedoch nicht jeden; Zahlen, Daten, Fakten Menschentypen motivieren die Zahlen extrem. Andere Persönlichkeitstypen sind wenig motiviert dadurch.

Nur essen wenn man Hunger hat – Praktische Tipps

Du kennst nun das Grundprinzip von Gewohnheiten. Jetzt kommt es nur noch darauf an die Tipps ins praktische zu übersetzen.

Was willst du erreichen?

 

Als ersten Schritt solltest du dir gründlich überlegen welche Gewohnheiten du loswerden willst. Vermutlich bist du hier, weil du zu viel isst. Nur essen wenn man Hunger hat. Mittlerweile auch als intuitives Essen bekannt. (Wobei das schwierig sein kann für Leute, die viele prozessierte Kohlenhydrate gegessen haben. Ein niedriger Blutzuckerspiegel kann dir vorgaukeln du hast Hunger. Auch Mangelerscheinungen bringen Leute dazu, Essen zu wollen, obwohl sie nicht hungrig sind.)

Denke darüber nach, ob du das wirklich willst. Ein Ziel zu verfolgen ist ohnehin schon schwierig. Ein Ziel zu verfolgen, auf das man eigentlich gar keine Lust hat ist fast utopisch. Was ist es was dich dazu antreibt diese Gewohnheiten loszuwerden? Was willst du damit erreichen?

Dein Vorhaben sollte so konkret wie möglich formuliert sein. Du willst nicht „weniger“ essen. Das ist kein hilfreiches Ziel! Du willst auf das Popcorn im Kino verzichten. Oder du willst auf High-Carb Brot zum Frühstück verzichten, weil du dir als großes Ziel vorgenommen hast, ketogen zu leben. Überlege gründlich, was du zuerst anpacken willst und schreibe es auf.

Kleine Ziele – kleine Siege

Oft nehmen wir uns zu viel auf einmal vor. „Nur essen wenn man Hunger hat“ – klingt erstmal nicht so hart. Jetzt überleg dir aber mal wie oft du tatsächlich zum Essen greifst (allein aus Gewohnheit). Beginnt es vielleicht schon beim Frühstück? Isst du Kuchen, nur weil du einen Kaffee trinkst? Liegen die Chips schon neben der Couch, weil du einen Film gucken willst?

Alles auf einmal aufzugeben kostet dich viel Energie. Beginne doch erstmal damit den Kuchen wegzulassen. Als nächstes nimmst du die Chips in Angriff – und so weiter und so fort. Wenn du einen kleinen Sieg erreichst, wirst du selbstbewusster. Du siehst, dass du stark genug warst eine Sache aufzugeben. Warum sollte es dann nicht auch mit den Chips funktionieren? Wenn du dir zu viel vornimmst, gibst du schneller wieder auf und bist frustriert.

Vielen fällt es einfacher, sich nach und nach umzugewöhnen auf ketogene Ernährung. Sie verändern ihre Gewohnheiten nach und nach. Lernen nach und nach über Low Carb und ketogene Ernährung und wie sie ihre geliebtes Brot durch selbstgebackenes ersetzen oder ihr Mittagessen ketogen.

Um aber hier zumindest die Alternative zu erwähnen: Einige machen einen radikalen Schnitt. Da prozessierte Kohlenhydrate wie eine Droge wirken, kann dies einfacher sein. Viele Alkoholiker und Raucher machen auch einen radikalen Schnitt statt langsam immer weniger zu trinken.
Es kann auch psychologisch „leichter“ sein. Statt ständig nachzudenken darüber, wie viel (prozessierte) Kohlenhydrate jetzt noch ok sind und ob nicht doch eine wenig Pasta oder Schoki drin ist, nimmt einem ein Schnitt mit all diesen Dingen das Entscheiden ab. (Entscheiden kostet viel Energie!)

Ich würde sagen, es hängt von der Persönlichkeit ab und den Lebensumständen, ob ein schneller oder ein gradueller Übergang besser ist. Und natürlich davon, ob und wie stark du von Lebensmitteln abhängig bist.

Finde deinen persönlichen Trigger

Finde heraus was dich dazu antreibt aus Gewohnheit zu essen. Bringt dich der Kaffee dazu den Keks zu essen? Holst du dir einen Schokoriegel sobald du deinen Bürostuhl siehst? Was passiert kurz bevor du zu dem greifst was du loswerden willst?

Es muss nicht unbedingt ein Gegenstand sein. Auch Gefühle und Gedanken können ein Auslöser sein. Ob wir über die ungewisse Zukunft nachdenken und Angst empfinden, die uns zu Pfannkuchen greifen lässt. Oder über unsere Familie, die viel zu weit weg lebt und wir mit Schokolade unsere Leere füllen wollen. Zu jeder Verbindung gibt es meistens eine Geschichte. Ich kann gar nicht oft genug erwähnen, dass Kinder keine Schokolade brauchen, wenn sie hinfallen. Schokolade ist keine Medizin, stattdessen gewöhnen sich die Kinder aber daran und wollen von nun an immer mit Schoki getröstet werden.

Bei meinen Eltern gab es zum Kaffee (mit Milch und Zucker natürlich) oder Tee IMMER, ohne Ausnahme etwas Süßes (egal was, Hauptsache es war süß). Für mich war das, das Zeichen für Familie und Gemeinschaft. Ich habe sehr lange gebraucht zu begreifen, dass ich keine Kekse zum Kaffee brauche. Und die Vorstellung von einem bitteren Kaffee ohne Milch war damals grauenhaft. Heute hingegen kann ich mir nicht vorstellen den Kaffee mit Zucker oder Milch zu trinken. (Ich kann kein Cappuccino mehr trinken; dann lieber Kakao).  Überlege dir also auch mal woran du denkst kurz bevor du was isst. Vielleicht willst du ja nur ein verborgenes Gefühl kompensieren.

Du wirst vielleicht nicht sofort herausfinden, was der Auslöser ist. Umso wichtiger ist es, dass du Tagebuch führst. Du wirst den Auslöser schon finden, sobald du die Einträge nochmal durchgehst.

Sobald du den Trigger gefunden hast, geht es darum ihn zu bemerken sobald er auftaucht. Jedes Mal, wenn du jetzt den Trigger wahrnimmst machst du dir eine Notiz (ein Strich auf einem Blatt reicht aus). Damit machst du dir einfach nur den Trigger bewusst. So, dass du deiner Gewohnheit nicht mehr unbewusst ausgeliefert bist.

Mache deine Belohnung ausfindig

Wie du jetzt weißt, halten wir eine Gewohnheit aufrecht, weil wir dadurch belohnt werden. Auch bei dieser Aufgabe ist es ratsam sich ein paar Tage Zeit zu nehmen und sich zu beobachten. Nimm dir wieder dein Tagebuch zur Hand und schreibe auf. Fühlst du dich geborgen, wenn du Schokolade isst? Lässt du den stressigen Tag hinter dir sobald du die Chips aufmachst?

Wie genau kann dich das unerwünschte Verhalten belohnen?

Im Sommer setze ich mich gerne auf den Balkon und trinke einen selbstgemachten kalten Tee (ohne Zucker natürlich). Das ist es, was mich einen stressigen Tag vergessen lässt. Hätte ich keinen Balkon, dann würde ich mich eben draußen irgendwo hinsetzen. Im Winter lasse ich mir ein schönes, wohltuendes Bad ein. Klischeehafter geht es wohl kaum, aber es wird schon seine Gründe haben, warum es auch so viele andere entspannt. Auf alle Fälle ist das besser, als die Tafel Schokolade und die Tüte Chips.

Wenn dir nichts einfällt, dann frag auch einfach mal Freunde, Familie oder Bekannte. Oft kommen dabei ziemlich kreative Vorschläge raus.

Neue Gewohnheiten schaffen

Eine Gewohnheit einfach auszulöschen funktioniert leider nicht ganz. Es geht vielmehr darum, eine schlechte durch eine gute Gewohnheit zu ersetzen. Damit es klappt mit dem nur Essen wenn man Hunger hat!
Eine Gewohnheit zu löschen würde bedeuten den Reiz zu löschen und das kann man eher selten. Sie könnten natürlich versuchen den Fernseher zu verbannen oder nie wieder Kaffee zu trinken, um ja nie auf die Idee zu kommen Kuchen und Chips zu essen. Selbst dann ist noch nicht garantiert, dass sie sich nicht einfach einen neuen Reiz aussuchen. (Außerdem können wir Erinnerungen nie komplett auslöschen. Wir können sie nur schwächer machen.)

Mein Rat ist also den Reiz beizubehalten, aber das Verhalten zu verändern. Wann immer du den identifizierten Trigger wahrnimmst machst du etwas anderes statt des gewohnten Verhaltens. Würde es sich um gesündere Ernährung handeln könntest du statt Chips Gurken mit Dip naschen. Oder statt High Carb Kuchen einen leckeren Keto Kuchen (hier findest du Tipps, wie du Keto Kuchen backen kannst). Oder Keto Kekse.

Da du aber das Ziel hast nur zu essen wenn du Hunger hast, solltest du dir eine ganz andere Beschäftigung suchen. Wie wäre es, wenn du 10 Kniebeugen machst oder ein Bild ausmalst oder strickst oder oder oder. Es gibt unendlich viele Ersatzmöglichkeiten. Wenn ich Kaffee trinke, gehe ich immer meinen Papierkrieg durch. Hört sich jetzt nicht sonderlich spaßig an, aber weder verlange, noch denke ich an Süßigkeiten in dem Moment. Mein Verhängnis waren die Chips auf der Couch. Dann fing ich mit Sport vor dem Fernseher an. Ich suchte mir leichte, unkomplizierte Übungen aus, weil ich trotzdem noch meine Serie weiterverfolgen wollte (nur eben ohne Chips). Mit der Zeit vergas ich nicht nur die Chips, mir fehlte sogar etwas, wenn ich mal krank war und kein Sport gemacht habe.

Wichtig ist natürlich, dass du eine gute Gewohnheit wählst. Du solltest das Stück Kuchen zum Kaffee nicht unbedingt durch eine Zigarette ersetzen. Lies lieber ein paar Seiten aus deinem neuen Buch. Oder schaff dir ein neues Hobby an. Bist du kreativ und zeichnest gerne? Dann kauf dir ein Skizzenbuch und zeichne etwas während du Kaffee trinkst. Wenn du deine Woche gerne planst und Listen liebst, dann fang an, dein eigenes Bullet Journal zu führen. Ich kann es manchmal gar nicht fassen wie kreativ diese Hefte gestaltet werden können. Einfach mal bei Pinterest oder YouTube eingeben. Zeichnen und planen kannst du übrigens auch beim Fernsehen.

Neue Gewohnheiten anwenden

Mit das Schwierigste ist das neue erwünschte Verhalten auch anzuwenden. Und das am besten so oft wie möglich, vor allem am Anfang. Wie lange sowas dauern kann konntet ihr schon oben nachlesen. Aber vergiss nicht was du damit erreichen kannst. Halte dir dein Ziel vor Augen. Im ersten Schritt habe ich bereits gesagt, dass du dir aufschreiben sollst was du erreichen willst. Solltest du ein kreativer Mensch sein und gerne basteln dann tu dir kein Zwang an und erstelle eine Collage. Lass deiner Kreativität freien Lauf.

Wie könnte dein Leben laufen, wenn du die Gewohnheit ablegst?

Wirst du dann befreiter?

Ich habe mir übrigens vor Jahren Brot und Brötchen abgewöhnt und nur noch sehr sehr selten gegessen. Weil ich immer noch Marmelade und Nutella darauf geschmiert habe und ich einfacher weniger Zucker und Weißmehl essen wollte. Ich habe überhaupt schon oft neue Ernährungsweisen probiert; auch das Reisen in verschiedene Länder zwang mich oft, zu essen was es jeweils gab. All das hat mir geholfen, meine Gewohnheiten wieder zu ändern, als ich mit Keto angefangen habe. Ich habe sogar erst mit Keto wieder angefangen, ab und an wieder Brot und Kuchen zu essen!
Bei einem Urlaub mit den Schwiegereltern habe ich sogar jeden Tag Keto Brot gebacken. (Wir waren in einer Pension untergebracht, wo ich super ketogen kochen und backen konnte) Ich hatte auch Keto Nutella und Low Carb Marmelade dabei. Das war in meinen Keto Jahren bisher nie der Fall – jeden Tag Brot und Marmelade oder Nutella! Diese Tage haben gereicht, um mich wieder „zurückzugewöhnen“.
Nach dem Urlaub habe ich mich dann im Hotel (diesmal beruflich unterwegs und ohne Kochgelegenheit) darauf gefreut, wieder Brot und Marmelade zu essen. Ich musste mir selbst etwas „den Kopf waschen“ und mich daran erinnern, dass ich das nicht essen kann.

Disziplin oder Kontrolle?

Zu welcher Art Mensch gehörst du? Ist dir wichtig was andere über dich denken oder ist dir nur wichtig dir selbst treu zu bleiben?

Wieso stell ich dir diese Frage? Wenn du genug Disziplin aufbringen kannst und die Gewohnheiten nur für dich ändern willst, dann ist das gut. Was aber wenn dir dein Image auch sehr wichtig ist? Dann mach dir diese Eigenschaft nützlich. Erzähle allen von deinem Vorhaben. Dein Ego wird so angreifbar sein, dass du es dir nicht leisten kannst rückfällig zu werden. Du wirst von außen kontrolliert (zumindest glaubst du das). Kaum einer wird dich dafür steinigen, wenn du es nicht schaffst (viele werden es gar nicht merken). Aber das Gefühl von anderen beobachtet zu werden kann dir dabei helfen disziplinierter vorzugehen.

Übertreib es nur nicht. Nutze es als Hilfe, nicht als Lebenseigenschaft. Es kommt immer noch darauf an wie es DIR geht und was DU davon hältst. Du solltest nichts tun was andere von dir verlangen. Es soll dir nur eine Zeit lang den Rücken stärken.

Und ab hier liegt es an dir, dein Ziel zu erreichen: Nur Essen wenn man Hunger hat!

  • Wie sehr willst du dein Verhalten ändern?
  • Hast du konkrete Ziele?
  • Hast du Pläne und Unterstützung?

Auf all das kommt es nun an, ob du deine Gewohnheiten ändern kannst oder nicht. Die Arbeit kann dir leider keiner abnehmen. Aber denk daran, dass du dir die schlechten Gewohnheiten auch irgendwann angelernt hast. Warum also solltest du es nicht noch einmal schaffen, nur mit besseren Gewohnheiten?

 

Nur Essen wenn man Hunger hat – Mehr Infos!

  1. https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/17437199.2013.876238
  2. https://books.google.de/books?hl=de&lr=&id=kVEUAwAAQBAJ&oi=fnd&pg=PT21&dq=die+macht+der+gewohnheit&ots=cf9efHHxyy&sig=FACvNcFLcHzSUrLkEz833Io9GHU#v=onepage&q=die%20macht%20der%20gewohnheit&f=false