Bist du übergewichtig? Hältst du dich für einen Versager bzw. eine Versagerin, nur weil du es nicht schaffst, abzunehmen oder deine ketogene Diät einzuhalten? Quälst du dich damit und hast deswegen ein schwaches Selbstbewusstsein? Wir zeigen dir, wie du mit der Selbstkasteiung aufhören kannst.
Wenn du ein schwaches Selbstbewusstsein hast, versucht du dich zu schützen und erstellst Regeln und Annahmen, die dazu dienen, das Selbstbewusstsein nicht auf die Probe zu stellen. Wenn diese Regeln nicht eingehalten werden können, entsteht eine Risikosituation.
Während der Risikosituation neigst du dazu, dich selbst sehr negativ zu bewerten. Es kommt du Selbstkritik und Selbstkasteiung, weil du die Regeln nicht eingehalten hast. Du zeigst zum Beispiel folgendes Verhalten:
Wenn du in dieser Art über dich denkst, verhältst du dich auch meist entsprechend, zum Beispiel:
All diese Verhaltensweisen sind dysfunktional/kontraproduktiv. Sie führen dazu, dass du dich schwach, nutzlos, klein, miserabel und minderwertig fühlst. Das bestätigt wiederum deine negativen Grundüberzeugungen über dich selbst.
Lass uns es an einem Beispiel verdeutlichen. Nehmen wir mal an, du bist eine übergewichtige Frau und denkst, du wärest nicht Wert, geliebt zu werden. Du meinst, du müsstest es damit kompensieren, dass du zu allen immer lieb bist und niemandem widersprichst. Du denkst, dass nur, wenn du einen sanften Charakter hast und zu allem „Ja“ und „Amen“ sagst, werden die Menschen dich akzeptieren.
Solange du dich an diese Regel hältst, ist dein Leben soweit in Ordnung und dein schwaches Selbstbewusstsein schlummert im Hintergrund.
Dann aber bist du gezwungen, deine Regel zu brechen: wegen einer dringenden Arbeitsaufgabe musst du das geplante Abendessen mit deiner Freundin absagen. Du willst statt Nudeln gerne Salat oder Gemüse bestellen im Restaurant, damit du in Keto bleiben kannst. Du traust dich aber nicht, dich selbst so wichtig zu nehmen und dich durchzusetzen, als der Kellner seine Augenbraue hebt bei deinem Extrawunsch.
Das sind Risikosituationen für dein schwaches Selbstbewusstsein, weil deine Freundin oder Kellner, Koch usw. eventuell damit unzufrieden sein könnten.
Du könntest jetzt denken: „Ich bin eine schlechte Freundin“, „Es ist falsch, wegen der Arbeit eine Freundin sitzen zu lassen“, „Ich verdiene keine Freunde“, „Es ist falsch, der Restaurantküche mehr Arbeit zu machen für meine Extrawurst“. Du fühlst dich schlecht, niedergeschlagen und verhältst dich entsprechend.
Deine Entschuldigungen und deine Selbstkasteiung nehmen kein Ende. Du versuchst zum Beispiel, dein „schlechtes Benehmen“ zu überkompensieren. Du schlägst vor, beim nächsten Essen die Kosten der Freundin zu übernehmen. Oder du vereinbarst den neuen Termin zu einem Zeitpunkt, der deiner Freundin sehr gut passt, dich aber in Schwierigkeiten bringt.
Im Restaurant ruderst du wieder zurück, entschuldigst dich für die Umstände und sagst, dass es auch ok ist, wenn sie das Gericht so servieren wie es auf der Karte steht.
Wenn du dagegen die Vermeidungstaktik wählst, könntest du deiner Freundin eine Weile aus dem Weg gehen, bis die Sache vergessen ist. Du tust so, als ob du keine Zeit hättest, antwortest nicht auf die E-Mails und rufst nicht zurück.
Im Restaurant könntest du auf starke Kopfschmerzen klagen und vorzeitig weggehen.
Diese Verhaltensweisen (Übertreibung, Überkompensierung, Vermeidung) sind nicht hilfreich, weil sie deine negativen Emotionen nur noch mehr verstärken und deine negativen Selbstüberzeugungen bestätigen.
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In diesem Beispiel werden deine negativen Grundüberzeugungen auf verschiedenen Wegen bestätigt:
Manche Menschen denken, dass mit sich selbst ins Gericht zu gehen eigentlich eine gute Sache ist. So ein Mensch denkt zum Beispiel, dass:
Viele Menschen teilen diese Ansichten. Bedeutet das dann auch automatisch, dass sie wahr sind?
Wenn sie wahr wären, dann würden wir so auch mit unseren Liebsten umgehen. Wenn sie gestresst sind, würden wir sie beschimpfen, blamieren, ihnen verschiedene verächtliche Bezeichnungen geben. Wir würden ihnen unter die Nase reiben, was sie alles falsch gemacht hätten und wie sie sich nächstes Mal benehmen müssten. Wir würden sie erinnern, wie oft sie schon in Vergangenheit ähnliche Fehler gemacht haben; ihnen vorwerfen, sie haben nichts aus Vergangenheit gelernt. Wir würden vorhersagen, dass es sich nie zum Besseren wenden würde und es keinen Zweck hat, es erneut zu probieren. Wir würden nicht an sie glauben und würden uns von ihnen abwenden.
Das alles tun wir aber normalerweise nicht, wenn wir einen andere Menschen wirklich lieben und respektieren. Stattdessen schützen wir sie, suchen für sie nach Entschuldigungen und Erklärungen, zeigen Mitleid, unterstützen sie und sprechen ihnen Mut zu.
Wenn wir also andere Menschen nett behandeln, warum tun wir es nicht mit uns selbst?
Überlege dir, wie du mit dir selbst umgehst, wenn du etwas falsch gemacht hast. Behandelst du dich harsch? Gehst du streng mit dir ins Gericht? Neigst du zu Selbstkasteiung?
Was denkst du – wie beeinflusst dich solche Behandlung? Wie fühlst du dich dabei? Was sind die Folgen dieser Selbstkritik? Hilft es dir, in der Zukunft Fehler zu vermeiden? Oder bringt es dir nur schlechte Laune ohne nennenswerte Vorteile? Nimm dir Zeit und schreibe es nieder.
< Aufgabe 1a: Nutzen und Schaden der Selbstkasteiung >
Selbstkasteiung schlägt sich auf viele Bereiche nieder. Auch auf dein Low Carb Leben. Wo machst du es dir selbst schwerer damit?
< Aufgabe 1b: Wie deine Selbstkasteiung es schwieriger für dich macht, ketogen zu leben>
Wir hoffen, dass du zu dem Schluss gekommen bist, dass dir die Selbstkritik wenig bringt. Sie führt nicht nur zu schlechten Gefühlen, sondern sorgt auch dafür, dass deine negativen Überzeugungen über dich selbst erhalten bleiben.
Was kannst du also tun? Wie sollst du dich anders verhalten, wenn du deine negativen Überzeugungen loswerden möchtest?
Ähnlich wie die verzerrten Erwartungen sind die negativen Selbstbewertungen nur subjektive Meinungen, keine Fakten. Meinungen können (und sollten!) hinterfragt werden, sie sollten nicht einfach blind angenommen werden. Die negativen Selbstbewertungen müssen in Teile zerlegt und untersucht werden. Sie sollten unter die Lupe genommen und genau angeschaut werden.
Ziel solcher Analyse ist es, ausgewogene Selbstbewertungen zu erzeugen.
Wie bei den verzerrten Erwartungen auch, ist es wichtig, dass diese Analyse schriftlich erfolgt. Sonst wirst du schnell durcheinander kommen und verlierst den roten Faden.
Wir stellen dir dafür das Gedankentagebuch für die negativen Selbstbewertungen zur Verfügung:
Gedankentagebuch für negative Selbstbewertungen
Dieses Tagebuch soll dir helfen, deine Gedanken strukturiert niederzuschreiben, so dass sie klar und deutlich formuliert sind.
Hier ein Beispiel, wie du dieses Gedankentagebuch ausfüllen kannst.
Als erstes wirst du gefragt, deine negativen Selbstbewertungen zu identifizieren. Beantworte folgende Fragen:
Dann:
Nachdem du das aufgeschrieben hast, frage dich:
Nachdem du diesen Abschnitt ausgefüllt hast, fahre fort mit dem nächsten Abschnitt. Hinterfrage deine negativen Selbstbewertungen:
Bemerkung: Wenn du dysfunktionales/kontraproduktives Verhalten gezeigt hast, frage dich selbst:
Das wichtigste Ziel dieses Gedankentagebuchs ist es, ausgewogene Selbstbewertungen auszuarbeiten. Nachdem du die Inspektion deiner negativen Bewertungen durchgeführt hast, frage dich selbst:
Als letztes frage dich:
Wenn du alle vorherigen Fragen durchgearbeitet hast, ist es wahrscheinlich, dass deine negativen Selbstbewertungen an Kraft verloren haben und die Gefühle, die du dabei verspürst, schwächer geworden sind.
Dieses Gedankenbuch wird dir helfen, ausgewogenere Selbstbewertungen zu erstellen. Deine negativen Grundüberzeugungen werden nicht mehr unterstützt, sondern eher geschwächt. Du wirst Risikosituationen in deinem Leben besser bewältigen können. Deine Denkweise wird offener und freier.
Fülle dieses Tagebuch jedes Mal aus, wenn du dich schlecht, niedergeschlagen, schuldig oder hoffnungslos fühlst. Du wirst merken, wie du dich selbst herunterziehst, wie du auf dir herumhackst.
Schluss mit der Selbstkasteiung!
Wenn du merkst, dass du wieder zu barsch mit dir selbst umgehst, stoppe diese Gedanken, erlaube ihnen nicht, deine Gefühle und dein ganzes Leben zu beeinflussen.
Wenn du regelmäßig das Gedankentagebuch führst, wirst du geübter darin. Es wird zu deiner Gewohnheit werden, deine negativen Selbstbewertungen zu hinterfragen. Dann bist du soweit, dass du diesen Vorgang auch in deinem Kopf durchführen kannst, ohne deine Gedanken niederzuschreiben.
Es wird aber viel Zeit und Übung in Anspruch nehmen, bis es soweit ist. Für den Moment mache es unbedingt schriftlich, da es sonst nicht den gewünschten Effekt haben wird.
Hier ein Beispiel, wie du dieses Tagebuch ausfüllen kannst:
Gedankentagebuch für negative Selbstbewertungen Beispiel 1
Nehmen wir einen anderen Beispiel Du machst ketogene Diät und gehst mit Freunden eines Abends in ein Restaurant. Du fragst nach passenden Gerichten, es findet sich aber nicht ausreichend Passendes für dich. Um nicht hungrig zu bleiben, nimmst du mehr Kohlenhydrate zu dir als geplant.
Zuhause angekommen, plagt dich schlechtes Gewissen. Du bereust es, Kohlenhydrate gegessen zu haben, hast Panik aus der Ketose herauszukommen und gehst streng mit dir ins Gericht. Du denkst nicht nur daran, dass deine Ketose unterbrochen wird, du gehst in Gedanken weiter und meinst, du wärest eine Versagerin, hättest keinen Willen, keinen Rückgrat. Du entscheidest, alle Restaurants zu meiden und nicht mehr ausgehen.
Auch hier hinterfrage deine negativen Selbstbewertungen: ist man wirklich sofort ein Versager, wenn man ein Mal etwas falsch gemacht haben sollte? Lag es wirklich an deinem Willen oder eher an dem Angebot in diesem Restaurant? Wäre es nicht hilfreicher, anstatt alle Restaurants zu meiden, sich zeitig zu informieren und gegebenfalls deinen Freunden für das nächste Mal ein passendes Restaurant vorzuschlagen?
Für dieses Beispiel würdest du dein Gedankentagebuch wie folgt ausfüllen:
Gedankentagebuch für negative Selbstbewertungen Beispiel 2
Die Artikel aus dieser Reihe haben das Thema niedriges Selbstbewusstsein, dessen möglichen Auswirkungen auf das Leben der Betroffenen, dessen Entstehung und Erhaltung, sowie Möglichkeiten, das schwache Selbstbewusstsein zu stärken.
Wir empfehlen die Artikel in der folgenden Reihenfolge zu lesen, um die positiven Auswirkungen zu maximieren:
Bela Kunz mit Ergänzungen von Verena Kuhn
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