In der heutigen westlichen Kultur lauert an jeder Ecke eine Versuchung in Form von Fast Food, Backwaren, Süßigkeiten, Eis, etc. und das Nahrungsangebot wächst stetig. Würden wir uns nicht zurückhalten, wären wir den ganzen Tag lang nur am Schlemmen. Deshalb ist gezügeltes Essverhalten eine Sache, die gewissermaßen einfach in unseren Alltag einfließt, ohne dass wir es wirklich bemerken. Dabei können die Maßnahmen zur Gewichtserhaltung oder -reduktion im Rahmen des gezügelten Essverhaltens oft schon die ersten Zeichen einer Essstörung! 

Gezügeltes Essverhalten wird oft durch Unzufriedenheit mit dem eigenen Gewicht motiviert, wobei nicht mal Übergewicht vorhanden sein muss. Das aktuelle Schlankheitsideal der Frauen liegt oft nahe der Grenze zum Untergewicht bei einem BMI von 18-20 kg/m2. Lediglich 17% der Frauen befinden sich tatsächlich in diesem Bereich. 

Dieser Artikel soll darüber aufklären, was gezügeltes Essverhalten eigentlich ist und wann von gesundem und ungesundem gezügelten Essverhalten gesprochen werden kann. Außerdem gibt es Tipps und Ratschläge, wie du dir ein ausgewogenes Essverhalten angewöhnen kannst und inwiefern die ketogene Ernährung hilfreich sein könnte. 

Zeichen einer Essstörung: Was ist gezügeltes Essverhalten?  

Was sind die Zeichen einer Essstörung? Gezügeltes Essverhalten im Allgemeinen bedeutet, dass eine gewisse Strenge mit sich selbst bezüglich seines Essverhaltens an den Tag gelegt wird. Heißt also, du gibst nicht allen Versuchungen und Leckereien nach, die dir vor die Nase kommen. Und das hat auch einen guten Grund, denn du willst dich auf Dauer wohl fühlen, schlank bleiben oder vielleicht sogar etwas an Gewicht verlieren. Das ist also das langfristige Ziel, das du mithilfe von gezügeltem Essen erreichen willst. Äußern kann sich dieses Verhalten in lebenslangem Diäthalten oder in wiederholten kurzzeitigen Diätphasen.  

Bei gezügelten Essern wird die Hunger- und Sättigungsregulation nicht mehr auf natürliche Weise vom Körper gesteuert, sondern mithilfe von kognitiver Kontrolle. Das bedeutet, dass sich bestimmte Maßstäbe gesetzt werden, die anzeigen, wie viel wann gegessen werden darf und ab welcher Essensmenge ein schlechtes Gewissen eintritt. 

Gezügeltes Essverhalten gilt außerdem als sehr einflussreicher Risikofaktor für Essanfälle und Essstörungen, wobei dies aber nicht auf alle gezügelten Esser zutrifft, wie kontroverse Ergebnisse der Forschung belegen können. Denn es gibt sowohl die gezügelten Esser, die sich durch den Verzicht auf bestimmte Nahrungsmittel sehr schlank halten, als auch solche, die trotz gezügelten Essverhaltens ins Übergewicht fallen. 

Innerhalb der Gruppe der gezügelten Esser werden zwei verschiedene Typen unterschieden: der flexible und der strikte Typus.  

1. Der flexible gezügelte Esser

Der flexible Typus ist sozusagen der „gesunde“ gezügelte Esser. Er zeichnet sich meist durch eine schlanke, sportliche Figur und ein gutes körperliches Wohlbefinden aus. Im Allgemeinen wird auf die Ernährung geachtet, aber es gibt auch Situationen, in denen sich etwas „gegönnt“ wird. Dazu zählen beispielsweise Familienfeiern, Geburtstage und generell besondere Anlässe, die wir uns durch Kalorienzählen nicht kaputt machen möchten. Kleine Patzer und Ausnahmen werden meist an Folgetagen durch eine geringere Nahrungszufuhr ausgeglichen.  

2. Der strikte gezügelte Esser

Der zweite Typus hat lange Zeit für Verwirrung in der Forschung gesorgt, denn er ist widererwartend meist leicht übergewichtig. Er zügelt sich sehr stark und will sich unter keinen Umständen irgendwelche Ausnahmen genehmigen. Die Diätziele sind meist unmenschlich hochgesteckt und nicht erreichbar, was zu Frustration führt. Eben diese Frustration ist sehr gefährlich, denn die kognitive Kontrolle, die für das strikte Essverhalten und die vielen Verzichte hart arbeiten muss, ist sehr anfällig für negative Emotionen.

Strikte gezügelte Esser essen sich nie wirklich satt.

Bei gezügelten Essern gibt es eine sogenannte Diätgrenze, die anzeigt, wie viel unter normalen Umständen gegessen werden darf. Diese liegt unter der natürlichen Sättigungsgrenze des Körpers, sie essen sich also nie wirklich satt. Vor allem, wenn der gezügelte Esser sich nicht Low Carb, sondern High Carb ernährt. Denn Kohlenhydrate füllen zwar schnell, halten aber auf Dauer nicht so satt wie Proteine und Fette.
Wird diese Grenze nun überschritten, wenn auch nur minimal, bricht der Damm der kognitiven Kontrolle in sich zusammen und es wird buchstäblich alles in sich hineingefressen bis zur endgültigen Sättigung. Die Hunger- und Sättigungsregulation ist durch die unnatürlich herabgesetzte kognitive Diätgrenze völlig durcheinander. Es ist so zwar möglich eine längere Nahrungsdeprivation auszuhalten, aber genauso ist es umso leichter, über das eigentliche Sättigungsgefühl hinaus zu essen. Dies geschieht meist in Form von verbotenen Lebensmitteln, die sich oft durch sehr hohe Kohlenhydratwerte auszeichnen, die den Insulinspiegel hochtreiben und Essattacken begünstigen.

Das Preload-Experiment  

Es gilt also: „Gezügelte Esser verzehren mehr, sobald sie eine selbstgesteckte Diätgrenze überschreiten.“ Diese Hypothese kann anhand des berühmten psychologischen Preload-Experiments belegt werden.  

Die Versuchsteilnehmer wurden zu einer kostenlosen Verkostung von Eiscremesorten eingeladen, wobei ihnen vor der eigentlichen Verkostung ein „Preload“ in Form von Milchshakes verabreicht wurde. Der Preload stellt also sozusagen eine Vorabportion dar, die schon vorher zur Sättigung beitragen sollte.  

Die Probanden wurden in drei Gruppen aufgeteilt. Gruppe eins bekam einen Milchshake vorab, Gruppe zwei erhielt zwei Milchshakes und Gruppe drei erhielt keinen Preload. Des Weiteren wurde mittels eines Fragebogens festgestellt, wie stark das gezügelte Essverhalten ausgeprägt ist.  

Zur Sicherstellung, dass die Teilnehmer nicht hungrig waren, wurde das Experiment nach der Essenszeit durchgeführt.  

Die Ergebnisse zeigen, dass weniger stark gezügelte Esser umso weniger Eiscreme aßen, je mehr Milchshakes ihnen vorher verabreicht wurden. Stark gezügelte Esser hingegen konsumierten mehr Eiscreme trotz des vorherigen Preloads. Die selbstgesteckte Diätgrenze wurde durch die Milchshakes übertreten, was dazu geführt hat, dass die kognitive Kontrolle zeitweise unterbrochen und das gezügelte Essverhalten aufgegeben wurde.  

Wie kann dieses Verhalten erklärt werden? 

Zur Erklärung dieses Verhaltens wird das Boundary-Modell herangezogen. Es besagt, dass die natürlichen, physiologischen Grenzen von Hunger und Sättigung durch gezügeltes Essverhalten verschoben werden. Zwischen den beiden Endpolen befindet sich unter den gezügelten Essern eine dritte Grenze, die sogenannte Diätgrenze. Diese Grenze ist selbstgesteckt und wird durch eigene kognitive Kontrolle gehalten. Sie bestimmt, wie viel unter normalen Umständen zu sich genommen werden darf. Sobald die Diätgrenze überschritten ist, wird gegessen, bis die Sättigungsgrenze erreicht ist, die bei gezügelten Essern weiter nach oben verschoben ist. Das bedeutet, dass mehr verzehrt werden kann, bis eine Sättigung eintritt. Auf der anderen Seite ist die Hungergrenze weiter nach unten verschoben, was wiederum heißt, dass länger auf Nahrung verzichtet werden kann, als von Natur aus vorgesehen ist. Ein nicht-gezügelter Esser hält sich meist im mittleren Bereich der beiden Pole Hunger und Sättigung auf, sodass es weder zu Heißhungerattacken noch zu Überfressen kommen sollte.  

Was noch hinzu kommt: Wer anteilig viele Kohlenhydrate isst, kommt leichter in die Unterernährung, wenn er Kalorien stark reduziert.
Auf die Dauer kann keiner Unterernährung durchhalten. Wenn sich der strikte gezügelte Esser (Typ 2) dann also doch mal erlaubt, mehr zu essen, isst er leicht viel zu viel, da sein Körper gerne wieder genug Nährstoffe möchte, um zu überleben. Das könnte aus Ernährungssicht zum Überessen beitragen.  

Warum wiegt Typ zwei also so viel mehr?

Nun, eine Begründung ist sicherlich, dass Typ zwei wesentlich mehr zu sich nimmt, wenn er denn mal über die Stränge schlägt. Es könnte aber auch sein, dass das Überessen vor allem bei prozessierten Kohlenhydraten passiert. Zu prozessierten Kohlenhydraten zählen Süßigkeiten, Chips, Fast Food und so weiter… Sprich all diejenigen, die sich strikt verboten werden und deshalb erst recht auf dem Tisch landen, sobald es zu einem Essanfall kommen sollte. Außerdem ist es leichter, sich daran zu überessen als an Steak und Gemüse…  

Darüber hinaus fährt der Körper den Metabolismus auf Überlebensmodus herunter. Die plötzlichen Überkalorien führen damit zu einer noch stärkeren Zunahme, da der Körper denkt, er müsse diese für die nächste Hungerperiode speichern.
 

Kontrollstrategien zur Gewichtsreduktion/-erhaltung  

Gezügelte Esser wenden bestimmte Kontrollstrategien an, um nicht an Gewicht zuzunehmen oder ihr Gewicht zu halten. Diese sind z.B.:  

  • Kalorienzählen 
  • Vermeidung von bestimmten Lebensmitteln 
  • Bevorzugung kalorienarmer Lebensmittel 
  • kleinere Portionen 
  • Auslassen von Mahlzeiten 

Ist gezügeltes Essverhalten nun immer ein Zeichen einer Essstörung? 

Nein, keinesfalls. Solange die Nahrungszufuhr normal bleibt, sprich es nicht zur Unterernährung kommt und lediglich darauf geachtet wird, dass man sich gesund ernährt, ist ein gezügeltes Essverhalten sogar gesund und kein Zeichen einer Essstörung. Denn es steuert gesundheitsgefährdendem Übergewicht entgegen. Dies entspricht allerdings nur dem flexiblen gezügeltem Esser. Striktes gezügeltes Essen wiederum ist ungesund und auch sehr gefährlich für uns. Hier sind oft Essattacken und leichtes bis schweres Übergewicht die Folge. Außerdem kannst du Essstörungen wie Binge-Eating oder Bulimie bekommen.  

Sich Essen zu verbieten, kann schon ein Zeichen einer Essstörung sein!

Wie kann ich einem gefährlichen gezügeltem Essverhalten entkommen? 

Hier sind einige Tipps, die helfen können, sich einen gesunden, ausgewogenen Ernährungsstil anzugewöhnen. Plus einiger Ratschläge für Ketarier.  

1. Iss langsam

Es ist wichtig, darauf zu achten, langsam und bewusst zu essen, damit du Heißhungerattacken und unnötigem Überessen vorbeugen kannst.

2. Verbiete dir nicht zu viel 

Grundsätzlich solltest du dir bestimmte Nahrungsmittel nicht verbieten, denn alles, was verboten ist, reizt uns nur noch mehr.   

Bei Keto sind natürlich Kohlenhydrate eingeschränkt. Darüber hinaus schränken sich viele Ketarier auch in der Wahl ihrer Speisen ein. Sie lehnen Kohlenhydratersatze absolut ab. Keine Kuchen mit Kokos- oder Mandelmehl. Keine Pfannkuchen mit Proteinpulver. Ebenfalls ein Tabu: Pizza aus Brokkoli. Wenn es früher aus Kohlenhydraten gemacht wurde, steht es jetzt nicht mehr auf dem Speiseplan.
Manche halten das durch.
Mach es dir nicht zu hart. Gesundheit ist nicht nur ein Ziel, sondern auch ein Weg. Geh den Weg, so wie du ihn gehen kannst – in deiner dir eigenen Geschwindigkeit. 

3. Vergiss Crash Diäten 

Crash Diäten sind schon lange verrufen, denn sie fördern den sogenannten Jojo-Effekt. Das heißt, dass man im Nachhinein an die Diät sehr schnell an Gewicht zunimmt, da der Körper vorher auf Sparflamme gefahren ist und sich denkt, er müsste sich auf die nächste Hungerperiode vorbereiten. Zudem wird der Stoffwechsel durch das Hungern sehr träge. Und letztlich werden gerade diejenigen übergewichtig, die fast nichts essen.
Statt über mehrere Tage weniger zu essen, solltest du lieber ab und zu intermittierend fasten. Überraschenderweise lässt Fasten für 24 Stunden deinen Metabolismus nicht herunterfahren. Du kannst auch alternativ dein Frühstück oder Abendessen auslassen. Vielen Ketariern fällt das ohnehin sehr leicht, denn die fettreiche Ernährung sättigt über einen viel längeren Zeitraum als eine kohlenhydratreiche Ernährungsweise.  

4. Bleibe flexibel

Es wird immer Situationen geben, in denen man sich nicht an seine Diät halten kann, und das ist auch gut so. Denn wer möchte sein Leben lang auf ALLES verzichten? Essen verbindet Menschen und macht glücklich. Ausnahmen sind erlaubt und sogar erwünscht, solange sich im Nachhinein wieder gesund ernährt wird. Das fördert nebenbei auch noch die Motivation und wirkt Essanfällen entgegen.  

Klar ist es gut, wenn du dauernd in Keto bleiben kannst. Aber es ist besser, du schummelst ab und an, als dass du alles komplett aufgeben musst. 

5. Setze dir realistische Ziele

Zu schnelles Abnehmen ist nicht nur ungesund, sondern endet meist auch in Frustration und diese wiederum in Essattacken und Rückschlägen. Kleine Fortschritte bringen dich letztlich auch ins Ziel! 

6. Nimm ab mit Low Carb, LCHF und ketogener Ernährung  

Die größte Aussicht auf Erfolg hast du, wenn du dich Low Carb, LCHF oder sogar ketogen ernährst. Dabei kannst du vermeiden, dass du hungrig bleibst und darauffolgende Essanfälle bekommst. Protein und Fett machen auch bei kleineren Portionen schon satt.
Außerdem erhält dein Körper mehr Nährstoffe, die er wirklich braucht. Auf Zucker und nährstoffarmes Weißmehl kann dein Körper absolut verzichten. Kohlenhydrate allgemein sind nicht notwendig für deine Gesundheit; es gibt keine essentiellen Kohlenhydrate, aber sehr wohl essentielle Fette und Aminosäuren (Proteine).  

Mit Low Carb, LCHF und Keto kannst du langfristig abnehmen und dein Gewicht halten, ohne Mangelerscheinungen zu erleiden oder hungrig sein zu müssen. Und so musst du dich auch weniger zügeln und kannst so das Aufzeigen von Zeichen einer Essstörung verhindern. 
Falls du mehr über ketogene Ernährung und Zeichen einer Essstörungen wissen willst, kannst du hier weiterlesen.

 

Eva und Verena