Vielleicht kennst du das auch: Je länger der Winter dauert, desto gedrückter ist Deine Stimmung und desto antriebsloser bist Du. Ein Stück weit ist das ganz normal. Sind die Beschwerden aber sehr ausgeprägt und belastend, kann eine Winterdepression vorliegen. Diese kleine Schwester der „richtigen“ Depression trifft etwa 10% aller Deutschen. Sie schleicht sich irgendwann im Laufe des Herbstes ein und verschwindet für gewöhnlich im Frühling von alleine. Da die Grenzen zwischen normaler, gedrückter Stimmung und Winterdepression fließend sind, fällt es auch Psychologen und Psychiatern nicht immer leicht, dazwischen zu unterscheiden. Entscheidend für die Diagnose ist daher, wie stark die Symptome sind, wie lange sie andauern und wie oft sie auftreten.

Inhaltsverzeichnis:

Symptome

  • gedrückte Stimmung
  • Antriebslosigkeit
  • Ängstlichkeit
  • sozialer Rückzug
  • Abnahme der Libido
  • Müdigkeit
  • Verlängerung der Schlafdauer
  • Heißhunger, vor allem auf Süßes
  • Gewichtszunahme

Die Symptome ähneln zum großen Teil denen einer „richtigen“ Depression (Fachausdruck: Major Depression) mit vier entscheidenden Ausnahmen: Heißhunger, Gewichtszunahme, Müdigkeit und Verlängerung der Schlafdauer. Menschen mit einer Major Depression leiden für gewöhnlich eher unter Appetitlosigkeit, was zu einer Gewichtsabnahme führt. Außerdem leiden die meisten von ihnen unter Schlafproblemen, weshalb sie eher weniger als mehr schlafen. Bei Winterdepressiven dagegen ist eher Winterschlaf als Schäfchenzählen angesagt.

Ursachen für eine Winterdepression

LichtmangelWinterdepressionen - wenn Winter depressiv macht

Das Leben jedes Menschen wird bestimmt durch den Tag-Nacht-Rhythmus. Grob vereinfacht sorgt dieser Rhythmus dafür, dass wir bei Dunkelheit müde werden und schlafen und bei Helligkeit wach sind. Damit unser Körper weiß, wann es soweit ist, zu schlafen und wieder aufzuwachen, braucht er sogenannte Taktgeber. Einer dieser Taktgeber ist das Tageslicht. Dieses beeinflusst zwei Hormone: Melatonin, das „Schlafhormon“, und Serotonin, umgangssprachlich bezeichnet als „Glückshormon“.

Melatonin sorgt unter anderem dafür, dass wir in die für uns so wichtige Tiefschlafphase gelangen können. Es wird vor allem nachts ausgeschüttet. Wenn es hell wird und Licht in unsere Augen fällt, wird die Produktion von Melatonin heruntergefahren. Gleichzeitig steigt die Produktion von Serotonin. Serotonin ist ein sogenannter Neurotransmitter. Neurotransmitter sind die Botenstoffe des Nervensystems. Serotonin wirkt unter anderem entspannend, motivationsfördernd und stimmungsaufhellend. Es wird überwiegend im Hellen produziert. Wenn es dunkel wird, wird die Melatonin-Produktion wieder hoch- und die Serotonin-Produktion runtergefahren.

Im Winter ist das übliche Zusammenspiel aus Melatonin und Serotonin gestört. Der Lichteinfall ins Auge ist verändert. Zudem trifft weniger Licht das Auge. Dadurch wird morgens die Produktion von Melatonin nicht so stark reduziert, wie das sonst der Fall wäre. Und die Serotonin-Produktion wird weniger stark hochgefahren. Das Ergebnis: Wir sind tagsüber müder und unsere Stimmung ist gedrückter.

 

Vitamin-D-Mangel

Es gibt viele Studien, die nahelegen, dass es einen Zusammenhang zwischen Vitamin-D-Mangel und depressiven Symptomen gibt. Zum Beispiel zeigte eine Analyse mehrerer Studien1: Je größer der Vitamin-D-Mangel, desto schwerer die depressiven Symptome. Ein weiterer Beleg für diesen Zusammenhang ist, dass die Einnahme von Vitamin D Depressionen lindern kann. Allerdings gibt es auch Studien, die nicht für diesen Zusammenhang sprechen. Dass ein Vitamin-D-Mangel zu Depressionen führen kann, ist aber durchaus plausibel: Vitamin D spielt nämlich eine Rolle bei Entwicklung und Schutz von Nervenzellen. In Studien konnte gezeigt werden, dass bei Depressionen weniger Nervenzellen gebildet werden und Nervenzellen sogar absterben können.

 

Was gegen Winterdepression hilft

Es werde Licht

Geh viel spazieren, besonders an Sonnentagen. Das Licht ist zwar nicht stark genug, um deine Vitamin-D-Produktion anzukurbeln, aber es kann dabei helfen deinen Melatonin- und Serotonin-Spiegel zu verbessern.

Schaff dir eine Tageslichtdusche an. Diese Geräte strahlen sehr helles, UV-freies Licht aus. Es gibt sie in verschiedenen Beleuchtungsstärken. 2500 Lux sollten es mindestens sein. Dann solltest du dich täglich etwa zwei Stunden vor die Lampe setzen. Besser sind 10000 Lux. Hier reicht eine halbe Stunde. Da Lichtduschen kein UV-Licht ausstrahlen, können sie keine Schäden wie Sonnenbrand verursachen. Aber Vorsicht: Es sind billige Nachahmer-Geräte auf dem Markt, die unter Umständen sogar mehr schaden als nützen können. Daher lohnt es sich, etwas mehr auszugeben. In jedem Fall solltest du beim Kauf darauf achten, dass das Gerät ein in Deutschland gebräuchliches Prüfsiegel hat.

Sehr gute Bewertungen hat die Tageslichtdusche von Philips HF3419/01 EnergyUp White .

 

Vitamin D

Sorge für eine ausreichende Versorgung mit Vitamin D. Wie schon erwähnt, kannst du in unseren Breitengraden Deinen Vitamin-D-Bedarf im Winter (genauer: von Oktober bis März) nicht durch Sonnenlicht decken. Also bleiben dir folgende Möglichkeiten, die du unter Umständen auch kombinieren kannst:

  • Vitamin-D-Präparate. Die einfachste Variante. Gibt es in jeder Drogerie oder hier Doppelherz Vitamin D Tabletten, 45 stk.
  • Lebensmittel, die viel Vitamin D enthalten. Hierzu zählen Fische und Pilze. Allerdings ist es praktisch unmöglich, den Tagesbedarf an Vitamin D nur durch Lebensmittel zu decken. Das schaffen nur die Inuit, die sich fast ausschließlich von Fischen, Robben und Walrossen ernähren.
  • UVB-Lampen. Das sind Geräte, die UVB-Licht ausstrahlen und so die Vitamin-D-Produktion in der Haut anregen. Allerdings sollten diese Geräte mit Vorsicht angewendet werden, da zu viel UVB der Haut schaden kann. Diese Lampen sind übrigens nicht identisch mit Lichtduschen, die ebenfalls bei Winterdepression empfohlen werden. Zu Lichtduschen kommen wir noch weiter unten.
  • Tanke schon im Sommer so viel Sonne wie möglich. Der Körper kann Vitamin D nämlich speichern. Allerdings solltest du dich natürlich immer verantwortungsvoll sonnen, um dein Hautkrebsrisiko nicht zu steigern!

Auf manchen Seiten im Internet wird auch empfohlen, ab und zu ins Solarium zu gehen. Allerdings strahlen die dort verwendeten Geräte vor allem UVA-Licht aus. Dieses Licht ist wirkungslos für die Vitamin-D-Produktion. Außerdem ist es viel aggressiver und schädlicher als UVB-Licht, weil es in tiefere Hautschichten vordringen kann.

 

Medikamente

Wie bei einer Major Depression kann ein Arzt Antidepressiva verschreiben. Ein Beispiel dafür sind selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRIs), die dafür sorgen, dass mehr Serotonin zur Verfügung steht.

Bei leichteren Formen einer Winterdepression kann auch echtes Johanniskraut eingenommen werden. Dies ist rein pflanzlich. Die Wirksamkeit von Johanniskraut ist allerdings umstritten. Im Gegensatz zu Antidepressiva ist Johanniskraut nicht verschreibungspflichtig, sollte aber trotzdem nur nach Rücksprache mit einem Arzt eingenommen werden.

 

Ernährung

Dass Fische und Pilze gut sind, haben wir ja schon erwähnt. Aber auch andere Lebensmittel können helfen:

  • Omega-3-Fette. Zahlreiche Studien belegen, dass Omega 3 Depressionen lindern kann. Gute Omega-3-Quellen für Ketarier sind Fische, Fleisch (achte auf Grasgefütterung) und verschiedene Öle und Fette wie Chia-Öl, Leinöl, Hanföl, Walnussöl, Rapsöl, Soja-Öl, Pferdefett und Schweineschmalz.
  • Lebensmittel, die Tryptophan enthalten. Aus Tryptophan stellt der Körper Serotonin her. Es ist zum Beispiel in Thunfisch, Schweinefleisch, Eiern und Haselnüssen enthalten.
  • Olivenöl. Das verringert oxidativen Stress, der wiederum bei Depressionen erhöht sein kann.
  • Achte auf die Zufuhr von Folsäure, Zink, den Vitaminen B12, B6, B2 und E, Eisen, Coenzym Q10 , Magnesium und Selen. All diese Nährstoffe können sich positiv auf depressive Symptome auswirken.

Außerdem: Vermeide Transfette. Lass Deine Finger von Fast Food wie Hamburgern und industriell gefertigten Wurstwaren. Studien haben gezeigt, dass Menschen, die oft solche Nahrungsmittel zu sich nehmen, öfter Depressionen haben.

Mehr und detailliertere Informationen zu ketogener Ernährung bei Depressionen finden sich in dem Artikel „Depression und Ketose“.

Winterdepression - wenn der Winter depressiv macht

Ketogene Ernährung und Winterdepression

Zu den Symptomen einer Winterdepression gehört Heißhunger, vor allem auf Süßes, also auf Kohlenhydrate. Die werden aber bei ketogener Ernährung kaum gegessen. Was also passiert mit Ketariern, die eine Winterdepression bekommen? Entwickeln auch sie Heißhunger auf Süßes? Oder ist das Gegenteil der Fall? Kann Ketose einer Winterdepression sogar verbeugen oder sie lindern?

Wissenschaftliche Belege dafür, dass ketogene Ernährung Winterdepression vorbeugen kann, gibt es nicht. Aber es finden sich im Internet Erfahrungsberichte von Ketarieren, die vor ihrer Umstellung auf Keto öfter Winterdepressionen hatten. Diese berichten davon, dass sie nach Umstellung auf Keto entweder gar keine Winterdepression bekamen oder nur schwache Symptome. Manche berichten auch von gesteigertem Appetit, den sie aber mit ketogener Nahrung befriedigen konnten.

Was könnte eine Erklärung dafür sein? Denn unter Lichtmangel im Winter haben ja auch Ketarier zu leiden. Es gibt Hinweise darauf, dass Menschen, die viele Kohlenhydrate zu sich nehmen, ein höheres Depressionsrisiko haben. Das gilt vor allem für Kohlenhydrate in Süßigkeiten und Fast Food. Und es gibt Hinweise darauf, dass Fettkonsum generell weniger mit Depressions-Symptomen in Verbindung steht als der Konsum von Kohlenhydraten. Es könnte also sein, dass das Depressionsrisiko bei Ketariern generell niedriger ist als bei Nicht-Ketariern. Das könnte zur Folge haben, dass ein Lichtmangel bei Ketariern zwar auch wirkt, aber eben nicht so stark, dass sie eine richtige Winterdepression bekommen.

 

Mach es Dir „hyggelig“

Last but not least lohnt es sich, nach Skandinavien zu schauen. Wenn sich jemand mit Winterdepression auskennt, dann wohl die Bewohner Skandinaviens. Lichtduschen und UVB-Lampen sind hier weit verbreitet. Aber auch noch etwas anderes: „Hygge“ nennen es die Dänen, dieses Lebensgefühl, dass darauf abzielt, es sich so richtig gemütlich zu machen. Im dauerdunklen Winter bedeutet das, aus der Not eine Tugend zu machen und die Zeit in den eigenen vier Wänden so angenehm wie möglich zu gestalten. Hygge kann dabei vieles sein: Ein geselliger Abend mit guten Freunden, gutem Essen und anregenden Gesprächen oder auch ein Abend auf der Couch mit einem guten Buch, eingekuschelt in die Lieblingsdecke. Aber immer ganz wichtig: warmes Licht, am liebsten Kerzenlicht. Womit wir wieder beim Licht wären.

Weitere Literatur:

1Vitamin D deficiency and depression in adults: systematic review and meta-analysis, 2013, Anaglin, Rebecca ES, et al., The British journal of psychiatry, vol. 202, no. 2, pp. 100-107

http://www.vitamind.net/sonne/

https://www.dasgehirn.info/entdecken/weihnachten/licht-im-dunklen-winterloch

http://tageslichtlampen-vergleich.de/mehr-vitamin-d-durch-eine-tageslichtlampe/

http://lichttherapie-info.de/

https://www.dr-gumpert.de/html/winterdepression.html

https://hypnoticnutrition.wordpress.com/2016/02/20/depression-and-food-cravings-in-winter/

http://www.vitamind.net/mangel/depression/

https://resurgencemedia.net/2016/10/10/fight-seasonal-depression-improve-mood-cognition-and-decrease-anxiety-with-a-ketogenic-diet/